BSG Wismut Gera
Auf geht´s zu Chemie nach Leutzsch
Nach vier Siegen in Folge fährt Wismut Gera morgen mit breiter Brust zum Spitzenreiter
Vorfreude herrscht im Geraer Wismut-Lager. Die Euphorie vor einem Auswärtsspiel war schon lange nicht mehr so groß. Morgen gastiert die Hänsel-Elf beim Oberliga-Spitzenreiter Chemie Leipzig im Alfred-Kunze-Sportpark. Die Wismut-Anhänger mobilisieren alle Kräfte. Erstmals in der jüngsten Vereinsgeschichte gibt es einen Sonderzug. In einem Sonderabteil reisen die Fans zum Spiel in die Messestadt. Ab Gera-Hauptbahnhof startet die Bahn um 11.01 Uhr. Wer es etwas komfortabler aber trotzdem in der Gemeinschaft mag, kann den Fanbus nutzen, der pünktlich um elf vom Parkplatz am Hofwiesenpark losfährt. Vier Siege in Folge haben den Elsterstädtern großes Selbstvertrauen beschert.

Morgen gastiert die Wismut-Elf in Leutzsch zum Rückspiel beim Spitzenreiter.

Mit Sonderzug und Fanbus nach Leipzig

Mit Zuversicht reist man zu Chemie, auch wenn die Mannschaft von Trainer Dietmar Demuth derzeit die Oberliga-Tabelle mit vier Punkten Vorsprung anführt, allerdings eine Partie mehr ausgetragen hat als Herbstmeister Germania Halberstadt. Am Mittwoch gewannen die Chemiker ihr Nachholspiel beim SSV Markranstädt ungefährdet mit 3:0. Wismut-Trainer Carsten Hänsel war natürlich vor Ort. An seiner Meinung vor dem Sonnabendspiel, in dem die beste Rückrundenmannschaft beim Tabellenführer gastiert, hat sich nichts verändert. "Wir wollen noch einen drauf setzen, können nur gewinnen. Wir werden sicherlich keinen Hurra-Fußball spielen sondern so agieren wie letzte Woche. Natürlich spekulieren nach der englischen Woche der Leutzscher darauf, dass Chemie irgendwann die Kräfte ausgehen könnten. Deshalb wollen wir, dass lange Zeit bei uns hinter die Null steht", sagt Hänsel, der mit einem tollen Fußballspiel vor einer tollen Kulisse rechnet. Gut 2000 Zuschauer werden erwartet. "Wir haben vom Hinspiel noch etwas gutzumachen. Da haben wir sehr ängstlich agiert. Diesmal stehen die Vorzeichen aber anders", weiß der Geraer Coach, der hinzufügt: "Ich erwarte nichts, außer was uns in den letzten Woche ausgezeichnet hat: mit Geduld, auf die eigene Chance zu warten und sich auch von einem möglichen Rückstand nicht beeindrucken zu lassen." Das Hinspiel hatten die Geraer mit 0:2 verloren. Damals hatte nicht viel zusammengepasst. Andy Müller (36., 76.) hatte zweimal ins Schwarze getroffen. Wismut enttäuschte mit einer blutlosen Vorstellung.

Aufeinandertreffen beider Vereine haben eine ganz lange Tradition. Besonders die Duelle in den Aufstiegsrunden zur DDR-Oberliga sind den Anhängern bis heute in Erinnerung geblieben. In der Saison 1974/75 hatten die Orange-Schwarzen bei Chemie Leipzig nach Toren von Lothar Bach und Gerd Struppert mit 2:1 gewonnen, verpassten allerdings den Aufstieg. Besser lief es zwei Jahre später. Im damaligen Georg-Schwarz-Sportpark mussten die Geraer punkten, um nicht vom Aufstiegskurs abzukommen. Udo Korn war es, dem nach einem verdeckten Zuspiel von Heinz Zubek an der Mittellinie der wichtige 1:1-Ausgleich gelang, ehe die Geraer eine Woche später gegen Chemie Böhlen den letzten Aufstieg in der DDR-Oberliga perfekt machten, der sich in diesem Sommer zum 40. Male jährt. 1983 waren die Wismut-Kicker dann chancenlos, verloren in Leutzsch mit 1:4 und mussten mit ansehen, wie Stahl Riesa und Chemie Leipzig den Sprung nach oben schafften.

Personell können die Geraer Verantwortlichen morgen weitgehend aus dem Vollen schöpfen. Neben den Langzeitverletzten Raimison Draiton dos Santos und Chris Söllner dürfte allerdings Torwart Sabri Vaizov ausfallen. Der Bulgare hatte beim 2:1-Erfolg gegen den FC Carl Zeiss Jena II am letzten Sonntag trotz Oberschenkelproblemen schon in der ersten Halbzeit bis zum Schlusspfiff durchgehalten und dabei auch die Schmerzen ignoriert. Nun muss der 1,95 m-Riese pausieren, was Trainer Carsten Hänsel aber keine Sorgen bereitet. "Auf der Torhüterposition haben wir keinerlei Probleme. Alexander Just gehörte in Rudolstadt zu den Matchwinnern. Sabri Vaizov hat gegen Sandersdorf und Jena II gezeigt, was er drauf hat", so Hänsel, der davon überzeugt ist, dass sein Team auch in Leipzig-Leutzsch punkten kann.

Jens Lohse / 31.03.17


Struppert saß bei Wismut und Chemie auf der Trainerbank
 "Es ist schon erstaunlich, wie sich die Wismut-Elf in den letzten Monaten entwickelt hat. Da ist ein positiver Trend zu verzeichnen", sagt Gerd Struppert. Am Sonnabend blickt er gespannt nach Leutzsch. Der 66-Jährige saß einst sowohl bei Chemie Leipzig als auch bei Wismut Gera auf der Trainerbank.

Kontakte zu den Leutzschern, mit denen er 1984 in zwei legendäre Relegationsspielen gegen den 1. FC Union Berlin den Klassenerhalt in der DDR-Oberliga schaffte, hat er allerdings kaum noch. "Da ist mir Lok Leipzig vom Gedankengut näher. Denn dort ist Heiko Scholz der Trainer", so Struppert. Als 18-Jähriger hatte Scholz unter Struppert sein Oberliga-Debüt bei Chemie gegeben, war von ihm quasi entdeckt worden. Später schaffte er es mit Lok Leipzig ins Europapokalfinale, zu Bayer Leverkusen in die Bundesliga und in zwei Nationalmannschaften. Struppert selbst wird am Sonnabend nicht in Leutzsch vor Ort sein. Eine schwere Bandscheiben-Operation im letzten Juli fordert noch ihren Tribut. Näher als an Chemie Leipzig ist er an Wismut Gera dran. "Die haben mich zu einem Heimspiel eingeladen. Sobald ich das gesundheitlich bewerkstelligen kann, sitze ich mit meinem Kumpel Matthias Kaiser auf der Tribüne", verrät Struppert, der auch beim jüngsten Wismut-Treffen in Harpersdorf teilnahm und sich im Kreise der alten Fußballer sehr wohl fühlte.

OTZ / 31.03.17

Seite bearbeiten