BSG Wismut Gera
Ein emotionaler Spielbericht eines Fans zum Thüringenpokal-Viertelfinale (Wismut vs. Nordhausen):

Drama Baby!

Einmal Berg und Tal in 120 Minuten und darüber hinaus...

Ja vielleicht der größte Sieg der Neuzeit, lässt man das Derby gegen 03 an selber Stelle mal außen vor. Erinner mich an Bischofswerda, Halbzeitpause, Auslosung. Liveübertragung auf einem Handydisplay. Grenzenloser Jubel "Viertelfinale Borsch" vernahm so mancher, dieses Jahr geht was. Vergessen diese miese Stimmung im und um unseren Verein, diese fürchterliche Saison und das Steg Dilemma. Spontane Freude entbrannte. Aber dann die Wende. Doch nicht Borsch! Ein Missverständnis. Der alte Feind Nordhausen. "Woar nein!" Sportlich nicht zu packen und die alte Feindschaft schien verblasst. Dazu wohl erneut im "Liebestöter SdF". Somit keine richtige Euphorie im Pokalnachsitzen in Sonneberg, wir wussten ja, was folgt. Freundschaftsspielatmosphäre trotz klarem Erfolg. Vom Pokalfieber schienen alle geheilt. Auch die Tage davor schien so Recht keiner in Stimmung zu kommen, obwohl die Rückkehr am Steg mit dem ersten Sieg Laune machte. Die Aussicht auf das überdimensionierte Stadion der Freundschaft + eine spontane Kartenerhöhung trübten sich ähnlich dem Wetter mehr und mehr ein. Eine harte Saison mit überwiegend zerrenden Auswärtsspielen wird für die immer noch ruhige und treue Anhängerschaft mit einem Aufschlag belohnt. Unverständnis. Mit dem verbockten Rudolstadt-Spiel und den fehlenden Einnahmen für den Verein hatte das ganze zusätzlich einen faden Beigeschmack. Erst 2 Stunden vor Anpfiff die Entscheidung: Wir gehen rein! Zum Glück im Nachhinein. Dabei beschlich mich das ungute Gefühl. Gehste rein: Packung + Dauerregen = Kanal voll! Gehste nicht: Sensation alle im Rausch und wir Deppen am Liveticker aktualisieren.

Was dann folgte lässt sich nur mit "Überragend" beschreiben. Trotz schnellem Rückstand hält Wismut gegen den Favorit Nordhausen gut mit. Ok, das war nix Neues, kennt man von der BSG im Pokal gegen vermeintlich bessere Kontrahenten. Nur das der Herzensverein sich eher so eine tragische Rolle angeeignet hat und dann zumeist im großen Stile und mit viel geerntetem Respekt allerseits scheitert. Wismut Style halt. Doch nach der Pause traute man kaum seinen Augen: Ausgleich Luck! Jubel noch etwas verhalten, die Gäste hatten ja noch genug Zeit, um uns die Grenzen aufzuzeigen. Doch mit Enkelmann's Tor des Monats zum 2:1 flackerte es nun doch wieder auf. Ein kleiner Funken Hoffnung. Selbst mit dem Platzverweis wirkte Wismut stabil und stemmte sich gegen den drohenden Ausgleich. Fast, ja fast wisch diese Angst….von wegen, es endet ja doch wie immer. Aber dann: mit der 83. Minute war das Gefühl wieder da und das schlimmer als je zuvor. Ausgleich Wacker! Und unsere Farben in Unterzahl. Dabei wirkte so mancher Akteur als hätte er jetzt schon zu tun, ein Bein vor das andere zu bekommen. Auf eine vollends große Schmach hatte so Recht keiner Lust gegen den alten Rivalen. "Na komm bringen wir es hinter uns und sparen uns eine quälende Verlängerung" mochte man fast denken. Der Fanblock brauchte gut 10 Minuten um aus der Schockstarre aufzutauen.


Der Nackenschlag folgte sofort, Führung Wacker. "Ok die Messen sind gelesen." Am liebsten dem Dauerregen und der Kälte sofort entfliehen. Aber Nein! Wir sind Fans und Tragik gewohnt. Wir müssen der Mannschaft wenigstens noch Respekt zollen am Zaun, für einen tollen Pokalfight und uns Mut zusprechen für den Abstiegskampf. Mitten in diese Gedanken ein Pfiff. Elfmeter Nordhausen. "Wie lang geht der Mist hier noch?" Dass der überragende Sabri den Elfmeter entschärft, nimmt man nur wohlwollend zur Kenntnis. Dies vermag aber dennoch keine Euphorie mehr auslösen. Zu klar die Verhältnisse. Für einen Ausgleich der absolut unrealistisch schien, müsste man ja auch mal vor des Gegners Tor. Wie soll das Gelingen? Kraucht doch jeder unserer Jungs sichtbar auf dem Zahnfleisch. Irgendwie kommt man dennoch zu einer Ecke. Als treuer Anhänger ist einem bewusst, dass Wismut da auch einen Freistoß im eigenen 16er ausführen kann, kommt auf das Gleiche raus. Wacker schläft einen Moment. Wismut spielt kurz, Weis an der Strafraumgrenze "Nun schieß doch endlich "Dicker", will man ihn zurufen" als sich schon eine Horde Blauhemden aufmacht, um unseren Spielmacher zu stellen. Dann schlägt es ein. So laut wie 300 Leute auch nur Schreien können, erklingt der Jubel im Dauerregen zu Gera. Grenzenlose Freude, 3:3. Unreal! Aber immer noch 10 Minuten zugehen, doch komischerweise ab jetzt gar kein mies aufsteigendes Gefühl. Viel zu sehr beschäftigt mit Auspfeifen/Rumbuhen und Meter machen im Block. Alle in Bewegung, als wolle man auf der Tribüne auch ein paar Räume für Nordhausen zustellen. Das letzte aus sich rausholen, ähnlich der Mannschaft, die allseits bekannte, verbal-formulierte Ablehnung der Nordhäuser "Rotlicht-Sprösslinge" brandet nun aus jeder Ecke der Heimkurve auf. Es schien als erfasst nun ein jeder das Pokalfieber mit gefühlten 41,4 Grad. Eine Epidemie bricht regelrecht aus. Ein paar hohe Flanken gilt es aber noch zu überstehen, Sabri riskiert viel. Alle werfen sich rein, blocken ab und dreschen die Bälle in die andere Spielhälfte. Wieder ein paar Yards gut gemacht + Zeit gewonnen. Dann der Abpfiff und ein Aufschrei als habe man schon gewonnen. Heroisch! Doch da war es wieder. Das Gefühl, geh weg. Gedanken an das Zeiss Pokalspiel, im Elfmeterschießen verloren. Heute mal nicht! Der Fussballgott wird kontaktiert, mit der einzigen Bitte "Sei gerecht". Dann fällt der Gedanke auf unseren Torwart. Hallo wir haben Sabri! Der wirkt verrückt + der macht verrückte Sachen, ein Pfund mit dem wir wuchern können.

Erster Sieg, es wird auf die Heimkurve geschossen! Der Fanblock längst aufgelöst, jeder kämpft für sich, mit sich. Bangen/Hoffen/Flehen. Wacker beginnt. Grandios Drüber. Der Jubel brandet auf. Doch an was denk ich? An eine sinnlose, nie bewiesene Fußballregel, die mir mal jemand ins Ohr setzte "Wer zuerst verschießt kommt weiter!" Ok, doch wie gegen Zeiss. Kapitän Müller für uns: Keinerlei Sorgen. Drin! Wacker: Exakt die Kopie des ersten Versuches. Wieder Drüber. Jaaaaa! Schreien und Lachen hält sich bei vielen die Waage. Unfassbar! Bayern vs. Dortmund, Lahm und Alonso schießen durch meinen Kopf. Doch erstmal selbst treffen, es wäre komfortabel. Dräger für uns. Mr. Zuverlässig: Der Jubel wird lauter, der Glaube wächst. Wacker: Anschluss. Als nächster für Wismut Schubert. Hmm, länger verletzt gewesen und grad die ersten Minuten wieder gemacht. Leichte Zweifel steigen auf: "Bloß nicht überdrehen Schubi." Unberechtigt! Sicher verwandelt und die Hämmer Richtung Fans. Guter Mann. Sorgt für den ersten Matchball. Nordhausen muss und Nordhausen verschiebt noch einmal die Entscheidung. Jetzt Carsten Weis. Überhaupt gar kein bisschen Skepsis bei mir. Der Mann hat schon ganz andere Spiele auf seinem Buckel, wir sind weiter. Aber gut, schauen wir uns den Elfer halt noch an. Wirkt ja auch komisch, wenn ich jetzt schon ausraste. Anlauf: Aus und Vorbei! Jubel in allen Ecken des riesigen Geländes!


Etliche Umarmungen und Handshakes später findet man sich in der Mitte der Kurve wieder, um gemeinsam der Mannschaft zu huldigen für ein echtes Wunder. Klar im Pokal ist ja bekanntlich alles möglich, schnell daher gesagt. Doch wer glaubte schon wirklich an die Sensation gegen die vermeintliche Übermacht aus dem Südharz, immer im Hintergrund unser bisheriger Saisonverlauf. Ein Sieg wie eine Tube, was sag ich, Palette voll mit Balsam für Spieler, Trainerstab, Vorstand sowie Fans und das auch noch gegen den alten Erzfeind! Ein Triumph, der vielen am Herzen lag, aber kaum einer für möglich gehalten hat. Ein Auf und Ab der Gefühle, was schon weit im Vorfeld zu dieser Partie begann, endet im Dauerregen zu Gera mit einer Jubelorgie der BSG. Ein Halbfinale im Frühjahr mit unserer Wismut. Egal, wer da auch kommen mag, wird die Schwarz-Orange Gemeinde elektrisieren, soviel ist gewiss. Bis dahin heißt es: Abstiegskampf und Vorfreude, garniert mit ein paar ganz dezenten Träumereien.

Vorwärts BSG!

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