BSG Wismut Gera

Interview mit Trainer Kevin Brettfeld

Kevin Brettfeld, der Trainer von Wismut Gera, hat die Thüringer Meisterschaft fest im Blick. Seit Mitte März ist Brettfeld Cheftrainer des Fußball-Thüringenligisten BSG Wismut Gera. Obwohl der SV 09 Arnstadt zwischenzeitlich schon wie der sichere Meister aussah, beträgt der Rückstand der Geraer vor den letzten drei Saisonspielen nur noch einen Punkt. Am vorletzten Spieltag steht das Gastspiel in Arnstadt an. Jens Lohse (OTZ) sprach mit dem 31-jährigen Coach über die kommenden Wochen...

Wismut Gera war erst einmal Thüringer Landesmeister. 1999 wurde der Titel unter dem Greizer Rainer Schlutter errungen. Sind Greizer Trainer ein gutes Omen für die Orange-Schwarzen?

Das ist gut möglich. 24 Jahre später könnte sich der Kreis schließen und Wismut Gera wieder einmal Landesmeister werden. Das wäre eine tolle Geschichte, zumal Rainer Schlutter nicht nur aus Greiz stammt, sondern auch einige Jahre mein Thüringer Landesauswahltrainer gewesen ist. Er hat also meine fußballerische Entwicklung geprägt. Umso schöner wäre es, wenn wir die Meisterschaft jetzt wieder nach Gera holen könnten.


Wofür andere mehrere Spielzeiten Gelegenheit hatten und am Ende doch scheiterten, könnte Ihnen in zwölf Partien gelingen. Haben Sie viel im Team verändert oder gehört auch eine Portion Glück mit dazu?

Ja, da gehört auch immer etwas Glück dazu. Letztlich macht es wohl die Mischung. Die Mannschaft, die ich übernommen haben habe, war intakt, hat aber nach der trainerlosen Zeit wieder einen Impuls gebraucht, um in die Spur zu finden. Den konnte ich ihr geben. In Sachen Spielidee konnten wir nicht so viel verändern. Die Grundordnung blieb weitgehend erhalten. Wir haben versucht, am Spiel gegen den Ball zu arbeiten. Um Dinge zu ändern, hätten wir mehr Zeit gebraucht, die wir aber nicht hatten. Es ging seit Mitte März Schlag auf Schlag. Da war kein Platz für Experimente.


Mit Heiligenstadt, Arnstadt und Martinroda warten noch drei schwere Aufgaben auf die Wismut-Elf. Mit welchem Gefühl gehen Sie ins Restprogramm?

Das ist ein absolut schweres Restprogramm. Gegen Heiligenstadt haben wir im Hinspiel verloren. Das ist ein sehr gefährlicher Gegner. Wir denken von Spiel zu Spiel. Ich habe ein gutes Gefühl. Die Mannschaft ist fit und hat Lust. Schon am Pfingstmontag haben wir mit der Trainingswoche begonnen. Heiligenstadt haben wir noch einmal beobachtet. Wir nehmen jede verbleibende Partie zu 110 Prozent ernst. Ich freue mich auf die anstehenden Wochen.


Zwischenzeitlich betrug der Rückstand auf Arnstadt bereits sieben Zähler. Jetzt ist noch ein Pünktchen übrig geblieben. Was ist passiert?

Im Optimalfall hätten wir auch schon an den Arnstädtern vorbei sein können, wenn uns die Niederlage gegen Schweina und das Unentschieden gegen Geratal nicht passiert wären. Das war ärgerlich. Aber auch Arnstadt hat viel Druck und deshalb den einen oder anderen Punkt liegen gelassen. Die Liga ist enorm ausgeglichen. Jeder kann jeden schlagen. Umso schöner ist es, dass wir jetzt wieder alles selbst in der Hand haben. Wir müssen aber unsere Hausaufgaben machen. Vielleicht sind wir schon nach dem nächsten Spieltag Spitzenreiter, wenn Arnstadt mit drei gesperrten Leistungsträgern in Schleiz gastiert.


Nach der 2:8-Pleite zu Hause gegen Glücksbrunn Schweina sind Sie erstaunlich ruhig geblieben. Warum?

Zum einen habe ich selbst etwas gebraucht, um diese Niederlage zu verdauen. Nicht weil ich keine Idee hatte, woran es lag, sondern weil ich mir überlegt habe, wie ich der Mannschaft helfen kann, diesen schwarzen Tag zu verarbeiten. Wir hatten ja auch keine Zeit. Am folgenden Freitag ging es zum Derby zu Westvororte. Hätte ich da als Trainer draufgehauen, hätte das keinen Sinn gemacht. An dem Tag hat bei uns nichts funktioniert. Nach einer ordentlichen Anfangsphase sind wir später auseinandergebrochen. Wir haben die Niederlage aufgearbeitet. Im Derby bei Westvororte haben wir dann in der zweiten Halbzeit eine klare Antwort gegeben. Deshalb spricht jetzt auch niemand mehr über Schweina und wir sind froh, dass wir trotz des 2:8 noch Landesmeister werden können.


Mit 90 erzielten Treffern verfügt Wismut über die mit Abstand stärkste Offensive der Thüringenliga. Liegt darauf auch Ihr Hauptaugenmerk oder gewinnt man Meisterschaft nicht doch mit der Abwehr?

Beides ist wichtig. Es macht von der Seitenlinie enorm viel Spaß, die Kreativität meiner Mannschaft zu beobachten und zuzusehen, wie sie sich immer wieder Torchancen erspielt. Mir als Trainer sind natürlich 1:0-Siege lieber. Derzeit konzentrieren wir uns auf die Arbeit gegen den Ball. Mit unserer Offensivqualität ist dann vorm gegnerischen Tor immer etwas möglich. Drei Chancen erarbeiten wir uns immer. Das nützt aber nichts, wenn wir dann trotzdem mit 3:4 verlieren. Deshalb geht es mir erst einmal darum, dass unser Torwart keinen Ball aus dem Netz holen muss.


Endspiele lagen Wismut bisher eher nicht. Erinnert sei an das Landespokalfinale 2018 oder die Aufstiegsrelegation, in der 2021 schon das Aus im Halbfinale kam. Warum klappt es diesmal in Arnstadt?

Wir stecken erst einmal alle unsere Kraft in die Partie gegen Heiligenstadt. Gewinnen wir da nicht, brauchen wir uns um Arnstadt gar keine Gedanken zu machen. Das vermittle ich auch der Mannschaft so. Deshalb beantworte ich diese Frage gern nächste Woche noch einmal, wenn wir den Dreier am Sonnabend eingefahren haben, wovon ich felsenfest überzeugt bin.


Quelle OTZ 30.05.20236 / Das Interview führte Jens Lohse