Wismut und der Freitagsfluch
Geraer geben gegen Erfurt-Nord 3:0 Führung aus der Hand und
verlieren mit 3:4
„So etwas habe ich noch nicht erlebt", sagte
Wismut-Innenverteidiger Stefan Schumann nach 90 dramatischen Minuten im
schummrigen Flutlicht der Erfurter Grubenstraße.
„Wir haben so gut angefangen,
dann aber schon unnötig das 1:3 kassiert. In der Pause wussten wir was kommt,
wollten uns wehren. Warum wir dann aber so zusammengebrochen sind, sich alle
versteckt haben, keine Linie mehr zu erkennen war, das weiß ich auch nicht", so
der Abwehrspieler. Erstaunlich präzise formulierte der 37-jährige Routinier
seine Meinung, suchte nicht nach Ausreden.
Freitagabend-Spiele und Pokal – das scheint
bei Wismut Gera nicht zu passen. Vor zwei Jahren flog man beim
Kreisoberligisten Thüringen Jena raus. Auch an einem Freitagabend gab es die 6:7-Pleite
gegen Ehrenhain, als die Orange-Schwarzen um Punkte eine 6:2-Führung noch aus
der Hand gaben. Wer gedacht hätte, so etwas könnte sich nicht wiederholen,
wurde nun eines Besseren belehrt.
Dabei lief für die Wismut-Elf beim FC Erfurt
Nord zunächst alles nach Plan. Nach 28 Minuten führten Gäste mit 3:0. Erst
hatte Jimmy Wagner per Volleyschuss für die Führung gesorgt (16.). Als Tim
Urban im Strafraum von den beinen geholt wurde, verwandelte Florian Schubert
den Elfmeter mit etwas Glück zum 2:0 (18.).
Den dritten Treffer legte dann Tim
Urban nach (26.). Keiner gab mehr einen Pfifferling auf die Landeshaupstädter.
Warum die Geraer die am Boden liegenden Hausherren wieder aufstehen ließen,
bleibt ihr Geheimnis.
Maximilian Stolpes Strafstoß zum 1:3 (31.) verbuchten die
anwesenden Wismut-Fans am Tag nach dem 70. Vereinsgeburtstages noch als
Schönheitsfleck. Doch man spürte, dass das Ding noch nicht gegessen war.
Nach
Wiederbeginn war von den Gästen nichts mehr zu sehen. Wismut-Keeper Maximilian
Paul war nach Andy Haupts Aussetzer beim 2:3 machtlos (57.). Bei den Geraern
konnte niemand das Spiel ordnen. Als Bogdan Tschurtschun das Leder im eigenen
Strafraum an die Hand sprang, verwandelte Stolpe den zweiten Elfmeter (69.).
Der zur Pause eingewechselte Pascal Maiele ließ die Nord-Anhänger mit seinem
4:3 jubeln (77.).
„Wir müssen bei uns anfangen, nach Fehlern zu suchen. Wir
haben den Kampf nicht angenommen. So darf man nicht verlieren", haderte
Wismut-Trainer Marcus Dörfer nach dem Abpfiff und meinte: „An einem
Freitagabend spielen wir bestimmt nicht mehr".
Sein Gegenüber, der Erfurter Christian
Stieglitz, konnte kaum noch reden: „Wir haben uns anfangs wieder beeindrucken
lassen. Aber wir geben uns nie auf. In der Halbzeit haben wir uns nochmals
fokussiert. In der Grubenstraße hat man erst gewonnen, wenn der Abpfiff ertönt
ist. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft", so Stieglitz.
Bericht: Jens Lohse