BSG Wismut Gera
Die BSG Wismut Gera beendet die Oberliga-Hinrunde mit 22 Punkten, 18:18 Toren und Platz neun?
Sehr zufrieden. Das war eine ziemlich anstrengende Hinrunde nach dem Umbruch im Sommer. Zunächst hatten wir uns den einen oder anderen Punkt mehr erhofft. In Brandenburg und Bernburg haben wir Zähler liegen gelassen. So sind wir Ende Oktober unter Druck geraten. Was die Mannschaft dann aber bis in den Dezember hinein für Leistungen abgeliefert hat, war sensationell. Da konnte ich nur den Hut ziehen.

Wohin orientiert sich die Mannschaft?
Wir wollen die Klasse halten. Mit den letzten drei Erfolgen in Serie haben wir uns punktemäßig von der Abstiegszone etwas absetzen können. Zum Rückrundenstart wollen wir gegen Brandenburg und Sandersdorf unser Punktekonto ausbauen. Darauf liegt unsere Konzentration. Landen wir zwei Siege, schauen wir weiter. Wir wollen die derzeitig recht komfortable Situation beibehalten.

Der Saisonstart verlief ziemlich zäh. Woran lag das?
Vier Punkte aus den ersten drei Partien waren noch eine ordentliche Ausbeute. Aber wir hatten anfangs kaum Heimspiele und da dann auch noch mit Rudolstadt und Chemie Leipzig zwei Spitzenteams zu Gast. Zudem hat uns zu Beginn auch oft das letzte Quäntchen Glück gefehlt.

Auch die Routiniers haben sich den einen oder anderen groben Patzer geleistet. Verzweifelt man da als Trainer nicht am Rande des Spielfelds?

Ja, natürlich. Aber wir waren nie chancenlos, haben uns gegen die meisten Gegner selbst auf die Verliererstraße gebracht. Solche Fehler kann man nicht durch einen Schalter abstellen. Das braucht Zeit und Vertrauen. Ich musste den Spielern erklären, dass es genauso schlimm ist, wenn der Torwart hinten patzt oder ein Stürmer eine Großchance vergibt. Das hat etwas gedauert, aber funktioniert. Torwart Alexander Just zum Beispiel hat zu Saisonbeginn oft geschwächelt, ist aber im November und Dezember zum großen Rückhalt geworden.
Was war der Tiefpunkt der Hinrunde?
Das Pokal-Aus in Weimar, das Ausdruck der damaligen Verunsicherung war. Unsere zwei Fehler wurden mit Gegentoren bestraft. Selbst hatten wir gefühlte dreißig Großchancen.

Welches Spiel war der Wendepunkt der Hinrunde?
Es klingt komisch, aber es war die Auswärtspartie bei Germania Halberstadt, die wir mit 0:2 verloren haben. Dort haben wir mutiger gespielt, nach vorn mehr investiert. Da wusste ich, jetzt geht´s voran. Natürlich war auch der Heimsieg gegen Schott Jena sehr wichtig.

Hätte die Situation nochmals kippen können, als man beim Schlusslicht in Markranstädt die 1:0-Führung verspielt hat?
Möglich. Aber da kam dann auch das Glück zurück, das uns anfangs noch nicht hold war, dass man sich aber erarbeiten muss. Da haben wir dann nicht mehr gejammert sondern einfach nur funktioniert. Es gibt keine Schießbuden in dieser Liga. Man muss gegen jeden Gegner über neunzig Minuten hart arbeiten. Geschenkt bekommt man nichts.

Raimison Draiton dos Santos war letzte Saison noch Innenverteidiger. In der Vorbereitung haben Sie ihn zum Stürmer gemacht. Jetzt ist er mit vier Treffern gemeinsam mit Dennis Blaser erfolgreichster Torschütze des Teams. Notlösung oder Trainerauge?
Trainerauge. Nein, Spaß beiseite. Vorn hatten wir in der Sommervorbereitung Probleme. Qualitativ hochwertige Neuzugänge waren aber nicht zu bezahlen. Weil Santos in den Spielformen im Training aber relativ viele Tore gemacht hat, haben wir ihn einfach mal als Stürmer ausprobiert. Das hat funktioniert. Überhaupt muss man sagen, dass unsere beiden Brasilianer in ihrer Spielweise eher europäisch angehaucht sind. Sie grätschen, tackeln und rennen bis zum Umfallen. Das hat alles gut gepasst.

Tom Rietsch ist gerde zurück zum 1. FC Greiz gegangen, der Kader ziemlich ausgedünnt. Wird es im Winter noch Neuverpflichtungen geben?
Der Trainer würde gern noch die eine oder andere Verstärkung holen, doch muss alles finanziell passen. Angesichts unserer 22 Punkte haben wir keinen Druck. Neue Spieler müssen Perspektive haben und uns nicht nur ein halbes Jahr weiterhelfen. Wir stehen mit einigen Kickern in Kontakt. Man wird sehen. Bis Ende Januar haben wir Zeit.

Wann ist Trainingsauftakt?
Am 9. Januar. Ich bin gespannt, wie das Wetter mitspielt.

Die Trainingsbedingungen im Herbst waren nicht berauschend. Wie sieht es jetzt im Winter aus?
Nicht anders. Vereine wie der SV Aga oder der Lusaner SC stellen uns ihre Sportplätze zeitweise zur Verfügung und helfen uns aus. Sogar die Volleyballer haben eine Trainingszeit in der Panndorfhalle geopfert. Vor uns stehen fünf Wochen intensiver Vorbereitung. Wie oft wir dabei fußballspezifisch trainieren können, weiß ich nicht.

Die Ultras 99 haben sich zum Jahresende aufgelöst. Was sagen Sie dazu?
Das ist sehr schade. Die Interna der Auflösung kennen ich nicht. Ich denke aber trotzdem, dass uns noch zahlreiche Anhänger daheim und auswärts unterstützen werden.

Sie haben im Dezember Ihren Wohnsitz nach Gera verlegt. Sie planen also längerfristig?
Auf jeden Fall. Wir haben einen Plan, der vorsieht, die Oberliga-Zugehörigkeit in dieser Saison zu stabilisieren. Da sind wir auf einem guten Weg. Nächste Saison sehen wir weiter.

Manch alter Wismut-Anhänger bemängelt, dass kaum noch Geraer im Team stehen ...
Das sehe ich nicht so. Alexander Just, Philipp Roy, Dimitrij Puhan und Florian Schubert haben sich durchgebissen. Rechnet man noch die beiden Braisilianer dazu, haben wir manchmal mit fünf, sechs Kickern aus der Vorsaison agiert. Wieviele Rudolstädter spielen denn in Rudolstadt? Momentan ist es in Gera eben nicht möglich, oberliga-taugliche Spieler zu finden. Da müssen wir den Kreis auf der Landkarte eben etwas weiter ziehen.

Wo würden Sie Wismut gern am Saisonende sehen?
Der momentane neunte Platz steht uns ganz gut zu Gesicht. Natürlich darf es gern auch noch etwas nach oben gehen.
Jens Lohse / 07.01.17
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