Ehrenamt: Carola Conrad war dieses Jahr „Held der Herzen" Wismut-Unikat im Gespräch mit Jens Lohse |
Carola Conrad war Anfang dieses
Jahres zum „Held der Herzen" 2019 gekürt worden. Seit 2003 kümmert sich die
Physiotherapeutin um die muskulären Verspannungen der
Fußballer der BSG Wismut, wäscht Trikots, kocht Kaffee und hört sich die Sorgen
der Vereinsmitglieder an, trotz ihrer Arbeit im Klinikum. Im Gespräch mit Jens
Lohse erzählt die 59-jährige Geraerin, wie sie das in jeder Hinsicht besondere
Jahr 2020 erlebt hat.
Wie war das Jahr als „Held der Herzen" für Sie? Ich bin sehr oft auf den „Helden" angesprochen worden, natürlich von Mitgliedern meines Vereins, von Kollegen auf Arbeit bis hin zu Menschen im Supermarkt und auf der Straße. Selbst Patienten im Geraer Klinikum, wo ich als Physiotherapeutin tätig bin, erkannten mich und meinten, sie hätten mich in der Zeitung gesehen. Sehr viele Leute gratulierten mir und haben sich für mich gefreut. Es war alles sehr herzlich. Insofern hat die Ehrung für viele schöne Momente gesorgt? Na klar. Einer wird mir ganz besonders in Erinnerung bleiben. Nach der Auszeichnung, beim nächsten Fußball-Heimspiel im Stadion, entrollten die Fans ein großes Banner, das sie extra für mich gestaltet hatten. Da war ich total verblüfft und habe mich sehr über die Idee der Jungs gefreut. Sie malen ja öfter Banner, aber dieses war extra für mich. Dass so viele Anteil nehmen und die ehrenamtliche Arbeit so würdigen, habe ich nicht erwartet. Begegneten Ihnen auch Neider? Nein, das habe ich nicht erlebt. Jedenfalls hat es mir keiner gesagt. Der Titel war mit einem Preisgeld von 1500 Euro verbunden. Wofür haben Sie dieses Geld ausgegeben? Ehrlich gesagt, einen Großteil davon habe ich noch. Wenn man auf einmal eine so schöne Summe hat, überlegt man sehr gut, was man damit anfängt. Ich wollte gern verreisen, aber meine geplanten Urlaubstage lagen in der Corona-Zeit. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr das Geld für eine schöne Reise ausgeben kann. Gern würde ich wieder mal in die Toskana nach Italien oder in die Provence nach Frankreich fahren. |
Die Pandemie hat nicht nur Ihre Reisepläne durchkreuzt, sondern wirkte sich
direkt auf Ihre ehrenamtliche Arbeit aus. Wie haben Sie das Geschehen erlebt?
Anfangs hat man die Pandemie in den anderen Ländern wahrgenommen und von fern verfolgt. Plötzlich war das Geschehen da und alles ging sehr schnell. Gleich Anfang März war die Sportstätte geschlossen und niemand wusste, wann und wie geht es weiter. Damals hofften wir noch, dass sich alles schnell wieder normalisiert. Aber bis Mitte Mai ging erst einmal nichts. Normalerweise beginnt beim Fußball die Saison im Februar und dauert bis Mitte Juni. Wie die Spieler waren auch Sie zum Nichtstun verdammt? Ich bin ein Mensch, der nie Langeweile hat. Irgendetwas mache ich immer. So mag ich lange Spaziergänge, unternehme gern Radtouren, lese viel. Beschäftigung gab es also genug. Aber man hat Sehnsucht nach all den Menschen, die man nicht mehr sieht, denen man drei Monate nicht mehr begegnet ist. Ich vermisste die Kinder, auch die erwachsenen Spieler. Es war traurig für alle. Da brauchte es manchmal schon aufmunternde Worte. Denn eine solche Zeit kannte noch niemand. Wie also damit umgehen? Wie erleben Sie nun den aktuellen, teilweisen Lockdown? Die jungen Fußballer hatten noch ihre Spiele, danach haben wir die Türen wieder zugeschlossen. Glücklicherweise sind Lockerungen für die Kinder in Sicht. Darüber freue ich mich sehr. Gerade für sie wäre es wichtig, dass sie weiter am Nachmittag ihrem Sport nachgehen können. Schade, dass dies sozusagen meine erwachsenen Kinder nicht betrifft, denn auch sie würden gern die Saison fortsetzen. Sie alle kommen meistens dreimal wöchentlich zum Training, stehen an den Wochenenden für Spiele auf dem Rasen und auch ich bin an diesen Rhythmus gewöhnt. Wir kommen alle gern, verstehen uns prima. Es ist eine schöne Normalität, die jetzt wieder fehlt. Wie gelingt es Ihnen, diese Zeit wieder auszufüllen? Na ja, bis vor Kurzem war ich noch mit dem Waschen sämtlicher Spielerkleidung beschäftigt, denn das übernehme ich immer. Dafür hat der Verein drei Waschmaschinen. Sämtliche Trikots, Hosen und Strümpfe von jeder Mannschaft sind aber inzwischen gewaschen. Gerade schaue ich, welche Ecken ich noch aufräumen kann, die man sonst im Normalbetrieb nicht schafft. Doch auch das ist irgendwann erledigt. Wo könnte man Sie jetzt finden, wenn Sie nicht im Verein anzutreffen sind? Zu Hause auf meinem Balkon beispielsweise. Den werde ich nun winterfest machen. Da man im Frühjahr schon viel Zeit hatte, habe ich ihn dieses Mal üppig mit Sommerblumen und Kräutern bepflanzt. Ich lese gern und möchte das eine oder andere Buch zur Hand nehmen. Historisches oder Biografien von Schauspielern, Sportlern, Politikern interessieren mich immer. Und schon jetzt freue ich mich auf Theater- und Museumsbesuche, sobald das wieder möglich sein wird. Interview: Jens Lohse / OTZ Foto: Danny Neidel |